Tag des offenen Ateliers – Großer Erfolg

Die Künstlerin Gudrun J. Gottstein öffnete am 13.07.2013 ihre Ateliertüren für Kunstfreunde und war selbst überrascht, als die Besucher ungeahnt zahlreich erschienen. Der große Andrang hing sicherlich mit dem Interesse an ihrem Kunstprojekt „mit fremden Augen“, bei dem Jedermann Fotomotive an die Künstlerin schicken kann, die dann zu Gemälden werden können, zusammen. Ein weiterer Grund waren wohl auch die Ausstellungen der letzten Zeit und die sehr positive Resonanz auf die gleichartige Veranstaltung der Künstlerin im letzten Jahr.

Interaktion im Spannungsfeld der Künste

Gudrun J. Gottstein hatte auch dieses Jahr dazu aufgefordert, dass jeder Künstler, der zu ihrem Tag des offenen Ateliers erscheint, einen eigenen künstlerischen Beitrag mitbringen möge, um diesen gemeinsam mit ihren Arbeiten zu präsentieren. Dies konnte ein Bild, Musik oder eine andere Darbietung sein. So waren neben den Bildern der Künstlerin auch je ein Bild von Willi Seibert, Horst Käse, Kurt Schlösser, Karola T. Bossdorf und Richard Simonis vertreten.
Ein spannendes Programm entstand durch die Präsentation von Bildern zu Lyrik von Kaschnitz bis Tucholsky, klangvoll vorgetragen von Uwe Friedrich, und Musik gespielt von Gerda Stockinger. Hier wurde Kunstgattung übergreifend Spannung geschaffen, das Publikum gefesselt.
Die bekannte Altistin Katja Boost, die kürzlich an der Oper Bremerhaven bei Peter Eötvös‘ Oper „Love and other demons“ glänzte, sang -ganz überraschend- und begeisterte die Gäste wie die Gastgeberin.

Hier findet Kunst Sta(t/d)t

Die Künstlerin ist der festen Überzeugung, dass dort wo Künste und Künstler aufeinander treffen, sich dem Zuhörer und Betrachter stellen und Gespräche suchen, Inspiration auf allen Ebenen möglich ist: „Jede Kunstform und jeder Künstler braucht zwar seinen Freiraum, aber der Austausch untereinander ist wichtig, um Sinn für Neues zu wecken- bei Kunstschaffenden wie Kunsterfahrenden. Wir Menschen sind grundsätzlich beides, aber selten so bewusst wie bei einer Zusammenkunft wie dieser hier!“, so die Künstlerin, der mit ihrem Tag des offenen Ateliers ein kleiner aber feiner kultureller Wurf für Babenhausen gelungen ist, der berechtigterweise mit dem Kunst-Punkt der Stadt Babenhausen versehen wurde und Bestandteil der Initiative „Ab in die Mitte!“ ist.

Donbodda!

Erklärungsbedürftig war das Motto des Tages „Donbodda!“, dem eine Anekdote aus dem Kreis der Projektteilnehmer zu Grunde liegt, bei der ein vom Verkehrschaos Mumbais verängstigter europäischer Fahrgast in der Motorradrikscha Zuspruch des indischen Fahrers erhält („Donbodda!“= „Don`t bother!“).
Überhaupt wurden durch das sehr erfolgreich verlaufende Projekt „mit fremden Augen“ viele geistreiche und kurzweilige Reiseanekdoten im Garten des Ateliers erzählt, Teilnehmer des Projekts fragten die Künstlerin, ob ihr Motiv bereits malerisch verarbeitet wurde, kamen miteinander ins Gespräch, teilten Reiseerfahrungen und Eindrücke. Die Ergebnisse des Projekts werden ab November präsentiert werden, weiterhin sucht die Künstlerin aber nach Motiven und kann sich sogar vorstellen, das Projekt bis Mitte nächsten Jahres weiter zu führen.

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Rüdiger Am Eisernen Steg

Menschen auf einem Treppenaufgang zu einer Brücke über den Main in Frankfurt werden hier dargestellt. Wichtig ist Gudrun J. Gottstein in diesem für die Künstlerin eher kleinformatigen Bild von 50×70 cm die Treppensituation, das Gedränge, das Aufwärtsschiebende.
Der gut die Hälfte des Bildes ausfüllende Mann links vorne („Rüdiger“) ist grob und ruppig gemalt. Die Künstlerin nutzt hier einen eher trockenen Pinsel, die Leinwand scheint stellenweise durch bzw. ist roh gelassen, die Vorzeichnung mit blauer Kreide ist erkennbar. Trotz des sehr groben Malstils wird seine Ungeduld und Unzufriedenheit mit der Situation, die Treppe im Gedränge hinauf zu müssen, deutlich.
Hauptfigur des Bildes ist jedoch die junge Frau mit grüner Jacke, die die Treppe fast tänzerisch beschwingt hinunter geht. Wieder werden die Blickachsen verschoben, die Motivgewichtung im Bild thematisch umgekehrt und uns bleibt die unbeantwortete Frage, ob wir eher die Ungeduld des hinauf wollenden Rüdigers teilen möchten oder die Beschwingtheit des hinablaufenden Mädchens mitempfinden.

Die Rosa Frau

Die rosa Frau am Strand von Mamallapuram in Südindien befindet sich ebenfalls im Hintergrund des Bildes. Sie steht mit dem Rücken zum Betrachter im seichten Wasser des Ozeans, die Füße im Sand. Das rosa Kleid wird auf dem nassen Sand reflektiert. Fast traumwandlerisch passiert ein Reiter, den Vordergrund des Bildes dominierend.
Die rosaschimmerige Farbigkeit erzeugt hier eine heitere, entspannte und sorglose Stimmung, alles ist hell, warm und zugleich kraftvoll durch den sparsamen Einsatz von Rottönen und Orange.
Das Bild, das Gudrun J. Gottstein zu ihren Lieblingsstücken zählt, hat eine eigenartige Intensität. Plötzlich ist man selbst Teil der Szenerie, ist selbst an diesem Strand, wartet bis das Pferd aus dem Bild läuft.

Picknick am Main

Dieses Bild zeigt eine Gruppe junger Männer beim Picknick am Main in Frankfurt.
Die dominierenden Farben sind eher kühle Blau- und Grüntöne.
Die Männer tragen dicke Jacken, offensichtlich ist es für ein Picknick noch zu frisch. Der Mann rechts im Vordergrund ist nur in einer den Bildaufbau beherrschenden Rückenansicht zu sehen, die immer wieder das Auge des Betrachters im rechten vorderen Bildteil festhält.

Über den Mann mit der schwarzen Jacke, der konzentriert etwas betrachtet, das er in seiner Hand hält, wird der Blick zur zentralen Gestalt des Bildes gelenkt, dem Mann, der in die Ferne sieht, weg von der Gruppe. Man folgt ganz unbewusst seinem Blick und möchte das Geheimnis der Schemen im Hintergrund lüften.
Trotz der deutlichen Linearperspektive gelingt Gudrun J. Gottstein hier ein ständiges Kippen zwischen Vorder- und Hintergrund und damit die Erzeugung von Unsicherheit über das tatsächlich Gesehene.

Tänzerinnen vor dem Auftritt

Was auf den ersten Blick eine Jazztanzgruppe vor dem Auftritt anmutet, die auf einer Treppe für ein Foto posiert, wird bei längerem Betrachten zu einer aufgeregten, ja zitternden Gruppe. Das Farbspektrum von Türkis zu Orange und dunklen Tönen lässt Wärme als Menschliches in einer kalten Umgebung erahnen. Gleichzeitig haben die Tänzerinnen durch ihr Posieren fast schon etwas Roboterhaftes, womit die Künstlerin das „Funktionieren“ zum Bildthema macht. Die leichte Konturierung und das Durchscheinen der Zeichnung versammeln das inwendig flirrende Aufgeregt Sein, konzentrieren es auf die Farbflächen der Tänzerinnen, spiegeln Emotionen in jeder Linie des Bildes wieder. Gudrun J. Gottstein schafft hier durch Reduktion, Linie und Farbigkeit ein intensives, empathisches Erleben des Motivs.